Viele Rittigkeitsprobleme, Bewegungsstörungen oder gar Lahmheiten sind leider nach wie vor auf unpassende Sättel zurück zu führen. Eine Sattelüberprüfung sollte daher möglichst einmal jährlich vorgenommen werden, denn der Rücken des Pferdes verändert sich im Laufe seines Lebens immer wieder. Das gilt natürlich in besonderem Maße bei jungen, noch im Aufbau befindlichen Pferden. Aber eigentlich kann es in jedem Alter zu Veränderungen des Rückens kommen. Muskulatur wird aufgebaut oder im Gegenteil durch Einwirkungen oder Trainingsausfälle abgebaut, wobei beides aufgrund der natürlichen Schiefe des Pferdes und/oder aufgrund von Bewegungsstörungen zusätzlich auch noch asymmetrisch geschehen kann.
Dem entsprechend ist auf einmal der Sattel zu eng, der vor einigen Monaten noch perfekt passte. Das Kopfeisen wird dann in den Trapezmuskel drücken und dort im Extremfall eine regelrechte Atrophie (Muskelschwund) verursachen. Außerdem wird durch eine Behinderung des Schulterblattes die Beweglichkeit der Vordergliedmaßen beeinträchtigt, was automatisch zu einem stumpferen, gebundenen Gangbild führt. Insgesamt kann die Muskulatur unter einem zu engen Sattel nicht mehr richtig arbeiten, also im Wechsel an- und entspannen. Die Aufwölbung des Rückens wird verhindert, das Pferd kann nicht mehr im Rücken schwingen.
Der Sattel kann im Gegenteil aber auch zu weit werden, wodurch er im vorderen Bereich zu tief zu liegen kommt, so dass er bei Belastung Druck auf den Widerrist ausüben kann. Oder aber, er fängt schlicht an zu kippeln oder zu wackeln, was zu Scheuerstellen führen kann, oder zu einem Verrutschen des Sattels während des Reitens, so dass der Reiter in der falschen Position zu sitzen kommt und schon deshalb gar nicht mehr richtig einwirken kann, was natürlich Rittigkeitsprobleme und zusätzlich Rückenprobleme beim Pferd verursachen kann.
Außerdem kann es durch einen Abbau von Muskulatur zur sogenannten Brückenbildung kommen: Der Sattel liegt nicht mehr gleichmäßig in der Sattellage auf, um hierdurch auch das Reitergewicht optimal verteilen zu können, sondern er liegt – meist in der Mitte „hohl“, also über dem Pferderücken schwebend. Hierdurch entwickeln sich Druckspitzen an den Stellen, an denen er tatsächlich noch aufliegt, was besonders im hinteren Bereich, am Übergang zur Lendenwirbelsäule, zu Problemen führen kann.
Und dann gibt es natürlich leider auch noch die Möglichkeit, dass der Sattel dem Pferd von vornherein nicht richtig gepasst hat. Abgesehen davon müssen auch Sättel, ähnlich wie zum Beispiel Autos, in gewissen Intervallen zur „Wartung“, also zur Überprüfung und Überarbeitung durch einen kompetenten Sattler. Nähte können sich öffnen, wodurch harte Kanten entstehen können, die scheuern. Unter Umständen kann auch der Sattelbaum beschädigt worden sein, etwa durch einen Sturz, was man dem Sattel von außen nicht unbedingt ansehen muss. Vor allem aber wird sich bei den allermeisten Sätteln nach und nach die Polsterung des Sattels verschlechtern. Sie wird je nach Material unter Umständen zur Klumpenbildung neigen, zumal Sättel ja eben auch einem guten Maß an Feuchtigkeit ausgesetzt sind.
Und auch eine nicht klumpende Polsterung wird auf jeden Fall nach und nach unsymmetrisch werden, weil der Reiter natürlich durch sein Gewicht nicht auf die gesamte Polsterung den gleichen Druck ausübt und die Polsterung dem Druck auf lange Sicht weichen wird. Das gilt umso mehr, falls der Reiter seinerseits auch noch ungleichmäßig sitzt, also zum Beispiel grundsätzlich einen Gesäßknochen vermehrt belastet. Und allein schon aufgrund der natürlichen Schiefe des Pferdes kann auch dieses durch seine Bewegungen zu einer Verschiebung der Sattelpolsterung beitragen.
Aber selbst Sättel, die ganz neu sind oder frisch aufgepolstert oder von einem Sattler gerade erst auf das Pferd angepasst wurden, machen leider immer wieder Probleme, die es zum Wohl von Pferd und Reiter aufzudecken gilt. Das hat damit zu tun, dass ein Sattler in der Bewegung nun mal nicht unter den Sattel schauen kann. Und ein Sattel, welcher im Stehen perfekt passt, kann, gerade bei ganggewaltigen Pferden, während der Arbeit, also in Bewegung, schon wieder drücken, Brücken bilden oder ähnliches.
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